Liebe Schulgemeinschaft,
nach nur wenigen Wochen der Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen hat sich das neue Kabinett formiert und die bange Frage, wer Kultusminister bleibt oder wird, ist geklärt. Herr Tonne gibt sein Amt auf, das zukünftig von Frau Julia Willie Hamburg übernommen wird.
Nicht alle waren mit allem einverstanden, was Herr Tonne entschieden hat, aber insgesamt muss man anerkennen, dass er die Schulen angemessen durch schwierige Jahre begleitet hat. Die „Ministerbriefe“ während der Pandemie haben Schulleitungen den Rücken gestärkt, Kolleginnen und Kollegen Wertschätzung übermittelt und in weiten Bereichen für Transparenz gesorgt.
Im Rundblick – Politikjournal für Niedersachsen – ist zu lesen, das Kultusressort sei nicht so beliebt, da es als „schwer regierbar“ gelte und der Kultusminister, nun die Kultusministerin, habe mit einer „großen Gruppe von ständig unzufriedenen Menschen zu tun“.
Damit sind dann wohl wir, Sie und unsere Schülerinnen und Schüler gemeint!
Die Forderungen der Lehrkräfte nach Entlastung von administrativen Tätigkeiten, angemessener Bezahlung in den Lehrämtern der Grund-, Haupt- und Realschule sowie größerer Unterstützung bei den wichtigen Themen wie der Digitalisierung und der Inklusion werden so schnell nicht verhallen. Einen ersten Schritt hat die neue Landesregierung bereits getan und die Anhebung der Alimentierung der o.g. Lehrämter auf A 13 angekündigt. Das könnte allerdings wiederum Gymnasiallehrkräfte erbosen, die sich auf das Abstandsgebot berufen, und weitere Begehrlichkeiten schaffen. Man darf also gespannt sein, wie groß die Gruppe der „ständig unzufriedenen Menschen“ seitens der Lehrkräfte sein wird.
Auch die Erwartungen der Eltern sind groß und stellenweise gestiegen. Kinder sollen in der Schule nicht nur unterrichtet und auf das Studium oder die Berufsausbildung vorbereitet werden. Lehrerinnen und Lehrer übernehmen an vielen Stellen auch eine Erziehungsfunktion, teilen sich diese mit den Erziehungsberechtigten. So erwarten viele Eltern, dass der sachgerechte Umgang mit dem Smartphone und den diversen Apps in der Schule geschult und missbräuchliche Verwendung nachhaltig verhindert wird. Nach dem Verursacherprinzip sind hier mindestens sie selbst aber auch in der Zuständigkeit, da sie in der Regel das Gerät für ihre Kinder angeschafft haben. Eltern erwarten aber auch zu Recht, dass möglichst wenig Unterricht ausfällt, die Unterrichtsversorgung gesichert ist und verbindliche Betreuungszeiten durch die Schule sichergestellt werden. Hier ist Unzufriedenheit durchaus nachvollziehbar und gerechtfertigt, sind Besserungen in der Zukunft allerdings auch nicht sofort zu erwarten.
Ob die neue Kultusministerin mit „ständig unzufriedenen“ Schülerinnen und Schülern rechnen muss, ist nicht recht einzuschätzen. Sicherlich sind manche, vor allem die, die in Schülerräten organisiert sind, ebenfalls an einer guten Ausbildung und adäquatem Unterricht interessiert. Aber wer wollte es einem Schüler verdenken, sich über eine Freistunde und ausgefallenen Unterricht zu freuen? Hier dürfte sich die Unzufriedenheit eher auf die Lernumgebung, die Ausstattung der Schulen und vielleicht die Qualität der Mittagsverpflegung beziehen. Dies sind allerdings Umstände, für die nicht das Kultusministerium, sondern der jeweilige Schulträger Sorge tragen muss. Und hier sind die Unterschiede tatsächlich enorm. Man kann sich halt sein Schulgebäude oder die Lage der Schule nicht immer aussuchen.
Ob sich das Kultusministerium, wie behauptet, als „schwer regierbar“ erweisen wird, kann von außen schwerlich beurteilt werden. Man darf allerdings hoffen, dass Frau Hamburg, die als „leidenschaftliche Bildungspolitikerin“ bezeichnet wird, viel von der Kritik und Unzufriedenheit der letzten Jahre von außen mitbekommen hat und sich zügig mit eigenen Ideen und Ansätzen ein Profil erarbeiten wird. Die Erwartungen sind tatsächlich hoch und wir dürfen hoffen, dass gute Ideen nicht an Zweifeln ihrer Finanzierbarkeit scheitern werden.
Die Schulen benötigen mehr gut ausgebildete und motivierte Lehrkräfte und hier kann Politik beweisen, dass sie in der Lage ist, Probleme zu lösen und ein zukunftsfähiges Bildungssystem zu garantieren.
Die Erwartungen an Frau Hamburg sind durchaus hoch, aber auch von Optimismus und unseren besten Wünschen begleitet.
Michael Strohmeyer