Liebe Schulgemeinschaft,
aus der Kultuspolitik kommen zurzeit keine neuen Nachrichten, dafür interessiert sich wieder einmal die Bundepolitik für die Schulen.
Nachdem der Gesundheitsminister Cem Özdemir ein Verbot für schädliche Werbung thematisiert hat, war der Aufschrei wie erwartet erst einmal groß. Das geplante Verbot würde Werbung betreffen, die sich explizit an Kinder richtet und für ungesunde Lebensmittel wirbt. Es sei somit ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Adipositas, diese schädliche Werbung zu verbieten. Das leuchtet ein. Werbung wirkt, wie die Tabakwerbung der Vergangenheit gezeigt hat, und wenn sie verboten oder wenigstens eingeschränkt wird, sinkt das Interesse für das Produkt. Und Kinder können tatsächlich die Folgen von ungesunder Ernährung nicht einschätzen, dies gelingt nicht einmal erwachsenen Menschen in Gänze.
Nun folgte die Reaktion, wie nicht anders zu erwarten, umgehend. Das Verbot sei nicht verhältnismäßig, argumentiert die Süßwarenindustrie. Ganze Zweige von Sport hingen an den Einnahmen dieser Werbung. Würden die Einnahmen wegbrechen, könnte Sport also nicht mehr im bisherigen Umfang gefördert werden. Also soll das Kind erst Süßes und Fettiges kaufen, um dann übergewichtig dieses Zusatzgewicht im Sportverein wieder abzutrainieren – eine perfide Strategie, wenn sie denn wirklich so gemeint sein sollte.
Auch DIE Partei in der Bundesregierung, die mit Verboten wenig anfangen kann und dies als Freiheit deklariert, hatte sofort eine Lösung parat: Wenn die Werbung für Ungesundes so gut funktioniert und tatsächlich zu gesundheitlichen Einschränkungen bei Kindern führt, dann sollten bitte die Bildungseinrichtungen aufklären und für eine gesunde Ernährungsweise der Heranwachsenden sorgen. Wieder einmal sind die Schulen also der Schlüssel zur Lösung und nicht das Elternhaus, das erziehen, oder die Politik, die Verbote durchaus durchsetzen könnte. Das Werbeverbote möglich sind und Wirkung zeigen, hat die rigorose Einschränkung von Tabakwerbung gezeigt.
Diese Diskussion zeigt allerdings auch, dass Handlungsbedarf besteht, und wir sollten uns durchaus angesprochen fühlen. Lehrkräfte können als Vorbild fungieren, gerade auch gesunde Ernährung betreffend. Wir können im Unterricht auf gesunden Lebenswandel hinweisen, diesen thematisieren oder in Projekten, wie bereits geschehen, vor Augen führen.
Und wird könnten die Produkte, die wir selbst in der Schule zum Verkauf anbieten, einer strengeren Kontrolle unterziehen. Wirtschaftliche Erwägungen sollten nicht Vorrang vor gesellschaftlicher Verantwortung haben, auch wenn dieser Weg der schwierigere ist. Unsere Cafeteria hat mehrfach den Versuch unternommen, gesundes Essen bereitzustellen, teilweise sogar kostenlos. Es hat bereits eine Salatbar gegeben, Gemüse und kostenlose Äpfel. Salat und Gemüse wurden kaum nachgefragt, Äpfel aber immer wieder gerne genommen. Allerdings fanden sich diese dann oftmals angebissen in den Fluren oder in einer Ecke wieder. Der Weg zu gesünderer Ernährung scheint langwierig und steinig zu sein.
Vielleicht findet sich wieder einmal eine Initiative, die mit einer Projektwoche, einem Projekttag oder einem Schulfest sich diesem Thema annimmt. Vielleicht müssen wir es besser verkaufen und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger darauf hinweisen.
Werbung funktioniert, die Kunden sind bereits vorhanden, müssen nur noch überzeugt werden.
Immerhin sind wir bezüglich des Getränkeangebots einen Schritt weiter. Unser Förderverein hat für eine beträchtliche Summe einen neuen Trinkbrunnen angeschafft, nachdem der alte fast ein Jahr defekt war. An dem neuen kann man nun kostenlos frisches und gereinigtes Leitungswasser in Flaschen zapfen. Dies wird wie in der Vergangenheit gut nachgefragt und hat gleichzeitig den Nutzen, dass man das Gewicht des Schulranzens deutlich reduziert.
Insofern kommen wir der Forderung der Politik und dem sogenannten „Müslierlass“ wenigstens in Teilen schon nach. Im Erlass „Die Arbeit in der Ganztagsschule“ ist unter anderem das Essen eindeutig geregelt:
„In der Ganztagsschule wird ein warmes Mittagessen angeboten. In Ergänzung zu den Aufgaben der Eltern hat die Schule auch die Aufgabe, eine gesundheitsbewusste Ernährung zu fördern. Das Angebot von Getränken und Esswaren in der Schule soll deshalb abwechslungsreich und für eine gesunde Ernährung geeignet sein. Die Mittagsverpflegung soll so gestaltet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler an der Mittagsverpflegung teilnehmen können.“ (SVBL 08/2014, S. 387).
Es bleibt also unsere Aufgabe, gesunde Ernährung weiterhin zu beachten, das Warenangebot in der Schule zu reflektieren und wenn möglich das Mittagessen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern einzunehmen oder wenigstens anwesend zu sein. Denn im Erlass heißt es nämlich abschließend:
„Beim gemeinsamen Mittagessen sollen die Regeln der Tisch- und Esskultur vermittelt werden.“
Dies dürfte eine spannende Aufgabe werden.
Michael Strohmeyer